Mittwoch, 28. Mai 18:00
Claudiana, Claudiasaal, Herzog-Friedrich-Str. 3
Wir bitten um Anmeldung bis zum 22.5.: evg-archiv@uibk.ac.at
Ernst von Glasersfeld-Lecture 2025
Jonathan Rée
Ernst von Glasersfeld as Educator
Glasersfeld as a communicator; his attempt to extend Piaget’s ‘constructivism’ from psychology to philosophy; his ‘radical constructivism’: plausible, but not particularly original; ‘naïve realism’ and its fate; Glasersfeld’s experiments in autobiography contrasted with his unreconstructed approach to the history of philosophy.
Jonathan Rée, geboren 1948 in Bradford, studierte Philosophie und Geschichte an der Sussex University und Oxford University. Bis 2002 war er Professor an der Middlesex University, seitdem schreibt er unter anderem für die London Review of Books, The Times Literary Supplement, New Humanist und für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Er war Mitbegründer und Herausgeber der Zeitschrift Radical Philosophy. Für den Fernsehsender Channel 4 moderierte er die Serie Talking Liberties, außerdem war er Gast in den erfolgreichen BBC-Sendereihen Journeys in Thought und In Our Time. Mit I See a Voice legte Rée eine vielbeachtete philosophische Geschichte der Gehörlosen und Taubstummen vor. 2019 war er Wittgenstein-Gastprofessor an der Universität Innsbruck.
Publikationen (Auswahl):
A Schoolmaster’s War: Harry Rée – A British Agent in the French Resistance. New Haven: Yale University Press, 2020.
Witcraft: The Invention of Philosophy in English. London: Allen Lane, 2019.
Mit James O. Urmson: The concise encyclopedia of Western philosophy. London: Routledge, 2005.
I See a Voice. Deafness, Language, and the Senses – a philosophical history. London: Harper Collins 1999.
Proletarian philosophers – Problems in Socialist Culture in Britain, 1900-1940. New York: Clarendon Press, 1984.
SIEGFRIED J. SCHMIDT 1940-2025
Nach langem, schwerem Leiden ist em. Prof. Dr.Dr.h.c. Siegfried J. Schmidt am 3. März gestorben.
Die Sommer seiner Kindheit verbrachte er auf dem Bauernhof seiner Großeltern in Grafendorf bei Friesach in Kärnten. Nach dem Studium von Philosophie, Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte wurde er schon mit 31 Jahren 1971 auf den neugegründeten Lehrstuhl für Texttheorie an der Universität Bielefeld berufen. Es folgten Berufungen für Allgemeine Linguistik, Theorie der Literatur, Germanistik, Kommunikationstheorie und Medienkultur an die Universitäten Siegen und Münster.
Siegfried Schmidt war Wissenschaftler, Literat und Künstler. Häufig arbeitete er an literarisch-künstlerischen und wissenschaftlichen Projekten gleichzeitig. Neben eigenen Beiträgen zur konkreten Poesie und experimentellen Literatur schrieb er über Autor:innen vor allem aus Österreich. Schon früh hat er sich für Christine Lavant und Friederike Mayröcker eingesetzt und auch mit Heinz Gappmayr, Oswald Wiener, Franz Josef Czernin und Ferdinand Schmatz war er freundschaftlich verbunden.
Sein Werk umfasst mehr als dreißig Monographien, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Er war Initiator und Herausgeber der einflussreichen Zeitschriften SPIEL, POETICS und DELFIN.
Siegfried Schmidt war ein Begründer der Empirischen Literaturwissenschaft und zugleich wohl der bedeutendste Kommunikations- und Medientheoretiker der Gegenwart. Seine Arbeiten trugen entscheidend zur Verbreitung des Konstruktivismus im deutschen Sprachraum bei – Ernst von Glasersfeld, Heinz von Foerster, Humberto Maturana und Francisco Varela verdanken ihre Wirkung auch dem von ihm herausgegebenen „Diskurs des Radikalen Konstruktivismus“.
Sein Denken zeichnet eine antifundamentalistische Grundstimmung aus, immer bereit den theoretischen status quo infrage zu stellen und neue Denkwege zu öffnen. Ein großes Anliegen war ihm die Förderung der nächsten Generation. Viele Stipendien wären ohne seine Gutachten nicht vergeben worden und viele Bücher ohne seine Unterstützung nicht erschienen.
Er war Gastprofessor und Vortragender an vielen Universitäten. So etwa mehr als zehn Jahre an der Universität Klagenfurt, die ihm 2004 das Ehrendoktorat für die Entwicklung der Texttheorie, der Empirischen Literaturwissenschaft und der konstruktivistischen Medientheorie verlieh. Auch an der Universität Innsbruck war er immer wieder als Vortragender und Lehrbeauftragter zu Gast, u.a. Ende der 90er Jahre im Rahmen der Innsbruck Lectures on Constructivism. 2015 hielt Siegfried J. Schmidt die Ernst von Glasersfeld-Lecture an der Universität Innsbruck.
Das Ernst von Glasersfeld-Archiv wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.